Die Grafschafter Traditionen

Hier wunn wij!

Brauchtum und Traditionen

Seit eh und je sind die Menschen in der Grafschaft Bentheim eng mit ihrem Brauchtum verbunden. Die Grafschafter werden in der Literatur als „bodenständig" und „erdverwachsen" beschrieben. Heimatvertriebene und Flüchtlinge brachten wiederum neues Brauchtum und eigene Kulturen mit, wodurch das regionale Brauchtum teils überformt und verändert wurde. Die „Ur-Grafschafter" waren aber stets bemüht ihre Traditionen zu bewahren, so dass auch heute noch bestimmte Brauchtümer wie das „Middewinterhornblasen", das "Kloatscheeten" oder das Errichten von „Pingstekronen" zu den einzelnen Jahreszeiten aufleben.

 

„Schuhsohlen backen"

Winterliches Brauchtum in der Grafschaft Bentheim

Schoosohlenbacken© Samtgemeinde Neuenhaus
Das Bild zeigt das Schoosohlenbacken während des Weihnachts- und Brauchtumsmarktes in Neuenhaus.

In der Grafschaft Bentheim werden zum Weihnachtsfest und zum Jahresausklang alte Traditionen und Gebräuche lebendig. Der Brauchtumstag in der Grafschaft Bentheim entführt in die Vergangenheit. Hier werden unter anderem besondere einheimische Spezialitäten zubereitet – wie in alten Zeiten: an offenen Feuerstellen und von Köchen in historischen Trachten. Auf der Speisekarte stehen unter anderem „Ouderwetse Knieperties", was übersetzt heißt „altmodisch gebackene süße, dünne feste Waffel" sowie heißer Grog sowie frischgebackene „Schohsollen". Schohsollen heißt im hochdeutschen „Schuhsohlen". Das sind flache feste Kuchen in Form einer Schuhsohle, die mit einem alten schweren handgeschmiedeten Kucheneisen über dem offenen Feuer gebacken werden. Auf den Schohsolleneisen sind oft Muster, die Namen der Familien, Wappen oder Bibelverse eingraviert. In den Grafschafter Familien werden die alten Kucheneisen von Generation zu Generation vererbt. Ein weiteres kulinarisches Highlight auf dem Brauchtumstag sind die „Kettelhänschen". Das sind kleine, runde Mettwürstchen, die aus einem dampfenden Wasserbad gezogen und mit Brot und Senf serviert werden.

 

Middewinterhornblasen

Wies et mij!

Bei dem Middewinterhornblasen handelt es sich um einen alten, heidnischen Brauch, der sowohl in der Grafschaft Bentheim als auch in den Niederlanden betrieben wurde. Durch das Blasen sollten zum einen böse Geister vertrieben werden, zum anderen wurde eine gute Ernte und die Bewahrung vor Not erbeten. Es diente aber auch der Benachrichtigung von Hof zu Hof, wenn Hilfe gebraucht wurde. Mit dem Middewinterhorn artverwandt sind die Alphörner und die Luren. Das Horn ist nur einzeln zu blasen. Bei klarem, frostigem Wetter ist ein Middewinterhorn 10 km weit und mehr zu hören. Der jahrhundertealte Brauch wird um die Jahreswende von mehreren Bläsergruppen im deutsch-niederländischen Raum aufrechterhalten. Dazu findet am 4. Advent eine große Middewinterhornwanderung statt. Auf einer vorher festgelegten Wanderroute von ca. 10 bis 12 km bzw. einer kleineren Wanderroute von ca. 6 km erklingen an etwa 25 Stellen die Middewinterhörner.

 

 

Kloatscheeten

© Grafschaft Bentheim Tourismus

Neben dem Glockengeläut (Beiern) wird auch das Kloatscheeten um die Jahreswende, gleichsam als "symbolische Handlung" zum Beginn einer neuen Zeit (Wintersonnenwende) als Brauch aufrecht gehalten. Das Spiel mit dem rollenden Kloat ist zweifellos sehr alt. Volkskundler sind der Auffassung, dass es bereits seit Jahrtausenden existiert.

Das Spiel ist artverwandt mit dem ostfriesischen Boßeln. Der Volkssport wurde früher vor allem in den Gemeinden Uelsen und Nordhorn gepflegt. Aber auch die niederländischen Grenzregionen gelten ebenfalls als Kloatscheeter-Hochburgen, so dass es auch bei diesem Sport zu internationalen "Wettkämpfen" kommt.
Am Anfang eines jeden neuen Jahres treffen sich überall in der Grafschaft kleine Kloatscheeter-Gruppen zum geselligen Wettstreit. Vor Spielbeginn werden von den Mannschaften Wegstrecke mit Ausgangspunkt und Ziel festgelegt. Auch die Reihenfolge der Spieler wird für den ganzen Spielverlauf vorher ausgemacht. Der erste Werfer einer Mannschaft versucht, den Kloat mit einem Wurf auf der Strecke weit voranzubringen. Werfer Nr. 1 der gegnerischen Mannschaft bemüht sich nun mit seinem Wurf, den Gegenspieler möglichst zu übertreffen. Erreicht sein Kloat den anderen nicht, schließt der zweite Spieler der zurückliegenden Mannschaft mit seinem Wurf an. Scheeter Nr. 2 der ersten Mannschaft setzt das Spiel fort, wenn sein Kloat zurückliegt. Und so weiter, und so weiter ... Gewonnen hat diejenige Mannschaft, die insgesamt am weitesten geworfen hat. Nach Beendigung des Spiels wird der "Kloatkönig" ausgewählt. Hierfür zielen beide Mannschaften abwechselnd auf eine leere Schnapsflasche. König/-in ist der-/diejenige, der/die zuerst die Flasche so trifft, dass sie zerbricht. Übrigens: Immer wieder gibt es bei den Würfen "Blindgänger" - Kloats, die in Gräben fallen oder in Büschen landen und nur selten wieder aufzufinden sind. Bei der Suche wird es auf keinen Fall langweilig! Und nach getaner Arbeit wird mit "Mettwosst en Moos", einem deftigen Grünkohlessen, zünftig in geselliger Runde gefeiert.

 

Traditionelles Nikolaus-Knobeln

Einmal im Jahr legales Glückspiel auf der Straße für alle!

In Nordhorn findet traditionell jeweils am 5. Dezember das Nikolausknobeln statt. Sofern dieser Tag auf einen Sonntag fällt, findet das Knobeln einen Tag früher statt. Auch in Bad Bentheim wird geknobelt, immer am Samstagabend vor Nikolaus im Rahmen des Weihnachtsmarktes. In Gaststätten, Bäckereiverkaufsgeschäften, aber auch anderen Geschäften wird um allerlei Köstlichkeiten wie Torten, Pralinen, Schinken und Würste "geknobelt".
Die Spielregeln sind ganz einfach. Es wird mit drei Würfeln unter Verwendung eines Würfelbechers gespielt. Die Mitspieler zahlen für einen bestimmten Preis, wie etwa eine Torte, den hierfür verlangten Einsatz von z. B. 1 € pro Person. Gewonnen hat der Spieler mit der höchsten Augenzahl, ggf. kommt es zum Stechen.
Streng genommen handelt es sich um ein verbotenes Glücksspiel, das jedoch einmal im Jahr mit behördlicher Erlaubnis stattfinden darf. Seit über 120 Jahren wird das damals sogenannte "Dobbeln" am Nikolausabend durchgeführt. So teilte "Der landräthliche Hülfsbeamte" im Jahre 1888 auf eine entspreche Anfrage mit, dass eine "besondere amtliche Genehmigung nicht erteilt wird, sondern das sog. Dobbeln an dem bestimmten Tag wie früher geduldet wird, vorausgesetzt, dass grober Unfug dabei nicht getrieben wird". Das Knobeln kann also aufgrund der Tradition und des sich damit heraus gebildeten Gewohnheitsrechts gestattet werden.
An den Ständen werden die Interessenten von den Gewerbetreibenden wie Marktschreier zum Mitmachen animiert. An vielen Ständen herrscht indes auch ohne große Werbung so ein Andrang, dass die Mitspieler froh sind, nach vorn an den Spieltisch zu gelangen, um ihr Glück zu versuchen. Das bunte Treiben und die Aussicht auf einen schönen Gewinn mit wenig Einsatz erscheinen so attraktiv, dass sogar Busgesellschaften aus Münster oder Osnabrück anreisen. Natürlich spielt dabei auch eine Rolle, dass das Knobeln normalerweise andernorts nicht gestattet ist und die Veranstaltung für viele geradezu exotisch anmutet.

 

 

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